Aktienhandel per Smartphone verführt zum Zocken
Broker-Apps machen den Aktienhandel auch für Privatanleger ohne einschlägige Kenntnisse zum Kinderspiel und erleben seit einiger Zeit einen Boom. Forscher des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE haben nun untersucht, ob dieser bequeme Zugang zu den Kapitalmärkten das Anlegerverhalten verändert.
Sie stellten fest: Smartphone-Broker tendieren deutlich mehr zum Risiko als die Nutzer anderer Medien. Wenn ein Titel in der Vergangenheit hohe Renditen aufwies, lassen sie sich auch von starken Kursschwankungen nicht vom Kauf abhalten. Studienmitautor Andreas Hackethal, Leiter der Forschungsabteilung Household Finance bei SAFE, betont, dass dieses Verhalten nicht nur bei Neulingen zu beobachten ist: „Die gestiegene Risikobereitschaft ist nicht durch eine anfängliche, vorübergehende Begeisterung zu erklären, sondern ist Ausdruck einer langfristig geänderten Anlagestrategie.“ Ebenfalls besorgniserregend: Wer durch den Smartphone-Aktienhandel zu mehr Risiko „erzogen“ wurde, tendiert anschließend auch auf anderen Kanälen zu mehr Risikofreude beim Brokern.
Eine neue Klientel von Privatanlegern stieg wegen des pandemiebedingten Kurssturzes im vergangenen Frühjahr in den Aktienhandel ein – Broker-Apps förderten die Entwicklung. „Sie hatten das Gefühl ‚Ich will nichts verpassen‘“, fasste Andreas Hackethal die Motivation der Neueinsteiger kürzlich in einem procontra-Interview zusammen. Neo-Broker hätten damals dazu beitragen, die Hemmschwelle für das Eröffnen von Depots zu senken. Sie seien kostengünstig, würden mit Gamification-Elementen Anreize schaffen. Für Hackethal ist das Smartphone-Broking letztlich ein zweischneidiges Schwert. So könnten Online-Broker zwar dazu beitragen, Anlagefehler zu umgehen, „indem sie hin zu ETF und Sparplänen lenken, aber sie können andersherum natürlich auch die Spekulationen anheizen.“